Dienstag, 28. April 2015

Neulich in Oropesa an der Secundaria: Einfuehrung der Schulpolizei

Seit diesem Jahr unterrichten wir in den Schulen in Oropesa. Jeden Montag, das wusste ich schon, ist vor der ersten Stunde „Formacion“. Also alle Schüler/innen der Primaria und Secundaria formatieren sich klassenweise und Geschlechter getrennt auf dem Pausenhof. Dann stellt eine Klasse das Programm für den Morgen vor, das ganze dauert etwa 20 Minuten. Das Vater unser wird gebetet, die Peru Hymne gesungen, die Flaggen Hymne, die Flagge wird gehisst, der Direktor der Secundaria redet, der Direktor der Primaria redet und am Ende und am Anfang müssen verschiedene Aufstellungen beziehen.
1.                  Der linke Arm wird nach vorne gestreckt (Kommando: „columna cubrir“)
2.                  Der linke Arm wird wieder herunter genommen („firmes“)
3.                  Die Arme werden hinter dem Rücken verschränkt und die Beine auseinander gestellt (descanso)
4.                  Die Beine werden wieder zusammengestellt und die Arme an die Oberschenkelseiten geklatscht, sodass es einen gemeinsamen Ton gibt („atencion“)

Oft wird über Gott oder Jesus geredet, wie wichtig die Identifikation mit der Heimat und mit den Symbolen für die Heimat ist. Die Peruaner, zumindest die meisten, sind stolz auf ihr Land, feiern es und feiern sich dann gleich mit. Auch in vielen peruanischen Liedern hört man am Anfang oder Zwischendurch „Für meine Heimat, mein geliebtes Peru“, oder die Benennung des Dorfes, aus dem der Sänger kommt. Das kannte ich alles schon.

Doch diesen Montag wurde, nicht nur in Oropesa, auch in Lucre und Huasao und vermutlich auch noch vielen anderen Dörfern Perus, die „policia escolar“ und die „policia ecologica“ eingeführt. Also die Schul- und Umweltpolizei. Und das wurde mit allen erdenklichen Mitteln gefeiert.

Ich komme in der Schule an, überall ist  noch ein bisschen mehr Gewusel als sonst, aber sonst noch alles normal. Dann gehe ich auf den oberen Pausenhof, um mir die Formacion anzusehen. Mir fallen die vielen Eltern auf, die schon auf dem Pausenhof stehen und spätestens, als ich die 6 Soldaten, die mit Sturmgewähren aufgestellt in Reih und Glied auf dem Pausenhof standen, wusste ich, das gleich etwas passiert. Es wurden für alle Eltern und auch für mich Stühle hergetragen, nach und nach formatieren sich die Schüler um die Soldaten herum. Nach einigen „coulmna cubrir“ und „atencion“ wurden die Schüler per Mikrofon um den Schulhof herum positioniert und die Schulpolizisten und Umweltpolizisten wurden auf den unteren Pausenhof geschickt. Nach der Erläuterung, dass an diesem Tag die beiden „Polizeiabteilungen“ eingeführt werden würden und was für ein wichtiger Tag dies doch für die Schule und auch für Peru sei, kamen die etwa 200 Polizisten einmarschiert, jeder mit einem Stock (der von den Lehrern noch vereinzelt als Schlagstock verwendet wird) in der Hand, weisen Handschuhen und angeführt von den Fahnenträgern. Mit feierlicher Marschmusik wurde gewartet, bis alle Gruppierungen sich positioniert hatten, das Militär stand weiterhin regungslos da.
Es wurden Reden gehalten von allen möglichen Lehrern, den Direktoren, einem Vertreter der „policia nacional“ zwischendurch immer mal ein bisschen marschiert, die Hymnen Perus und der Flagge wurde gesungen, das Vater unser und das Ave Maria gebetet. Und der Direktor wurde nicht müde zu erwähnen, welch wichtiger Tag dies für die Schule und „nuestro patriotismo“ also unseren Patriotismus sei. Was genau die Aufgaben dieser Polizei sein sollten, wurde mir nicht ganz klar, es wurde nur gesagt, ein Polizist muss pünktlich und ehrlich sein, einen starken Charakter haben und seine Maxime ist „estudiar, estudiar y estudiar!“ Schließlich wurden von der nationalen Polizei bzw. von den Eltern den zukünftigen Polizisten die „Kordeln“ angelegt. Erst die goldenen an die Fahnenträger also die „Oberpolizsiten“, dann die roten und goldenen, eine weitere Abstufung und zuletzt rot-weiße für die Schulpolizisten und die grün-weißen für die Umweltpolizei.
Zwischendurch hatten sich die Soldaten auch mal bewegt und sind von der einen Ecke des Schulhofs, nach lautstarkem Kommando mit tieeeefer Stimme des Anführers, in die andere Ecke des Schulhofs marschiert. Zwischen den Reden hörte man den Anführer immer mal wieder brüllen, woraufhin die Gewähre nach oben bzw. unten gehalten werden mussten.
Zum Ende hin mussten alle noch einige Runden um den Schulhof marschieren, bis sich das ganze nach etwa 2 Stunden endlich auflöste und der Unterricht beginnen konnte.

Es gab Momente, in denen ich einfach nur kopfschüttelnd dasaß. Es gibt einige Dinge,  in der peruanischen Kultur, Ansichten und Denkweisen der Menschen, die ich nicht kannte und die ich auch teilweise nicht verstehe, aber es gibt nichts, bei dem ich mich dagegensetzen würde. Es ist Teil der Kultur und das respektiere ich.
Was ich allerdings absolut nicht nachvollziehbar und fast schon absurd finde ist diese „Militarisierung“ in der Schule. Vielleicht wird das auf den Videos ein bisschen verständlich.
Kinder müssen in Reih und Glied dastehen, auf Kommando marschieren. Es ist eine große Ehre mit Stock, Kordel und Abzeichen herumzulaufen und die, die es soweit geschafft haben, dürfen sich wichtig fühlen.
Ich finde auch die Verehrung einer Flagge, eines Landes oder einer Hymne absolut falsch, aber selbst daran habe ich mich hier gewöhnt, das es hier niemand anders kennt und eben jeden Montag die Hymnen gesungen werden. Auch wenn ich noch kopfschüttelnd dastehe, wenn der Direktor erzählt, dass die Flagge so wichtig ist, weil es deren Indentifikationszeichen sei. Wenn dies in der Schule 11 Jahre lang vorgelebt wird und von niemandem in der Bevölkerung offen kritisiert wird, ist es das, was die Kinder lernen und später weitergeben werden.
Diese Militarisierung ist Teil der Lebensweise hier, nicht nur in der Schule, auch in allen anderen Bereichen, wird dem Militär große Ehre zuteil, auch wenn die Mehrheit wahrscheinlich nicht mal weiß, was genau es macht.
Wie jeder einzelne das nun bewertet, ist seine Sache, ich persönlich finde es vollkommen falsch. Das jemandem hier zu erklären scheitert aber noch mehr, als einem Dorfbewohner hier zu erläutern, was es bedeutet Vegetarier, oder gar Veganer zu sein.















Mittwoch, 8. April 2015

Meine neue Gastfamilie

Am 1. März sind Fred und ich in unsere neue Gastfamilie nach Oropesa gezogen. Wir wurden sofort mit offenen Händen aufgenommen und sind schon jetzt, nachdem wir etwa einen Monat hier gewohnt haben Teil der Familie.
Orpesa ist das Dorf des Brotes. Fast 90% der Bevölkerung der „capital nacional del pan“, also der Nationalen Hauptstadt des Brotes, arbeiten in der „Brotindustrie“. So natürlich auch unsere Eltern. Wir haben zwei Häuser, das mit dem Brotofen ist unten in der Nähe der „Hauptstraße“. Neben unseren Eltern Isabel und Antonio wohnen dort noch unsere beiden Gastbrüder Elvis, er ist 17 und bereitet sich gerade auf die Uni vor, und Josue, oder Antu, der mitte zwanzig ist und so weit ich weiß hauptsächlich das Brot morgens nach Cusco fährt, wo es am Terminal verkauft wird. Wir wohnen im 2. Haus, das ganz neu gebaut wurde und auch immer noch im Bau ist, in der Nähe vom Plaza. Bis jetzt ist nur das untere Stockwerk ausgebaut, hier haben wir ein Zimmer, es gibt eine Küche (mit Kühlschrank und Mikrowelle!!!), unsere Gastschwester Yara (18, studiert economía de empresas, also Wirtschaft der Firmen) und unsere älteste Gastschwester Annahy, sie ist 29 und hat zwei Kinder, Rodrigo 11, und Kiara 7. Gerade wird der Boden im 1. Stockwerk verlegt, wenn das fertig ist, ziehen dann alle nach oben (für uns ist auch ein Zimmer oben eingeplant) und auch unsere beiden Gastgeschwister, die bis jetzt noch unten wohnen ziehen dann nach oben.
Das Leben hier ist mit dem, das wir in Tipon hatten nur schwer zu vergleichen. Der Lebensstandart ist ein komplett anderer, fast schon europäisch und auch der Bildungsstand der Familie sehr viel höher. Wir haben zwei Autos, es gibt warmes Wasser zum Duschen, es gibt keinen Holzofen, nur einen Gasherd und eine geflieste Küche mit Spühle und, wie schon erwähnt einer Mikrowelle und einem Kühlschrank. Unten in unserem Haus gibt es noch eine Tienda, in der hauptsächlich Annahy arbeitet, in der man alles mögliche kaufen kann und wir uns auch immer etwas nehmen können. Durch das Brotbacken und verkaufen verdient man anscheinend eine Menge Geld, aber ich glaube das unsere Familie auch von grundauf eher wohlhabend ist. Unser Cousain, mit dem wir aber gar nichts zu tun haben, ist Bürgermeister von Oropesa und die Familie stellt diesen schon in 6. oder 8. Generation. Auch unser Onkel Willy wohnt mit seiner Frau Olga und seiner Tochter Emmi in einem Haus aus „richtigen“ Ziegeln, also keine Lehmziegel, mit Auto und auch deren Wohnzimmer wird gerade renoviert. Durch diesen Luxus in dem wir jetzt leben hat sich aber nicht nur unser Lebensstandart geändert, sondern auch unser Familienleben. An einem Wochenende sind wir alle zusammen nach Cusco gefahren, auf einen Markt, etwas essen gegangen, ich habe eine Hose bekommen, Yara eine Tasche, abends spielen wir Monopoli, am Wochenende wird immer Volleyball oder Fußball gespielt und Nachmittags gehen wir öfter mit zum Ofen, um das Brot einzutüten, um es am nächsten Morgen nach Cusco transportieren zu können.
Kiara und Rodrigo gehen beide nach Cusco auf eine Privatschule und müssen schon ziemlich früh morgens los und kommen auch erst nachmittags wieder nach Hause. Vor allem, weil ich jeden Tag in Kontakt mit den Kindern bin, die in den Dörfern in die Schule gehen und dann Abends mit ihnen fällt mit der Unterschied zwischen der Bildung in Stadt und Land extrem auf. Alleine die Ausdrucksweise, die Art wie Rodrigo redet, seine Gesichtszüge, sein Wissen und Verständnis und auch Interesse für Dinge, das alles ist bei den meisten Kindern, die ich vorher kennengelernt habe total anders. Sicherlich liegt das auch am familiären Hintergrund und in dem Umfeld, in dem die beiden aufwachsen. Es macht mich doch nachdenklich und manchmal auch ein bisschen traurig, welche Chance so vielen Kindern verwehrt wird, „nur“ weil sie in einer bestimmten Familie aufwachsen. Und auch die Tatsache, dass man selbst gar nichts daran ändern kann, außer ihnen eine Stunde in der Woche ein bisschen Aufmerksamkeit zu schenken und Englisch beizubringen. Unsere beiden Geschwister, die beide studieren werden sind, auch wenn ich finde, dass sich dieser Ausdruck nicht richtig anhört, auf „einer Wellenlänge“ mit uns. Wir können uns über Dinge unterhalten, über die viele andere in deren Alter nicht mal wussten, dass sie existieren.
Vielleicht ist das ein bisschen hart und krass geschrieben, aber ich finde keine anderen Worte, die diesen enormen Unterschied so ausdrücken, wie ich ihn empfinde.
Seit zwei Wochen gehe ich in San Jeronimo, einem Stadtteil von Cusco, eine halbe Stunde von Oropesa entfernt, in ein Fitnesstudio. Letztes mal waren auch Fred und Yara dabei und haben sich für einen Monat angemeldet, mit Yara mache ich jetzt Abends immer Aerobic und ich fühle mich endlich mal wieder ein bisschen sportlich :)

Eine Besonderheit in unsrer Familie ist noch, dass sie anscheinend sehr viel Spaß am Glücksspiel haben. Jeden Samstag trifft sich die Familie + Onkel, Tanten etc. bei uns in der Tienda. Jeder bezahlt 20 Sol Einsatz, am Ende sind meistens so 300 Sol im Jackpot, also fast 100 Euro. Jeder, der bezahlt hat, darf einmal mit zwei Würfeln würfeln, wer die höchste Zahl hat, gewinnt. Ich glaube, unsere Gastmutter bezahlt jetzt immer für uns beide mit, dass sie höhere Chancen hat zu gewinnen, letztes mal habe ich nämlich gewonnen, ohne zu wissen, dass ich für mich mitspiele, sonst haben wir immer für die gewürfelt, die gerade nicht da waren, und meine Gastmutter hat das Geld abgesahnt :)

Ich bin unglaublich glücklich darüber, jetzt in dieser Familie zu wohnen, nicht wegen dem ganzen Luxus, in dem wir jetzt leben, sondern weil die Familie so viel herzlicher ist und ich mich viel wohler fühle. Trotzdem bin ich sehr froh, in den ersten Monaten in der Familie in Tipon gelebt zu haben, weil ich dort ein ganz anderes Leben kennengelernt habe, ganz andere Menschen und eine andere Mentalität.



Blick auf Oropesa


1. Schultag


Fiesta del Durazno

unsere Gastschwester Annay und ihre beiden Kinder Rodrigo und Kiara
Blumenbilder zur Osterprozessioin


Plaza de Armas in Oropesa

Semana Santa, Rafting und was sonst noch so los ist

Die Schule hat wieder begonnen, ich hatte Geburtstag, dasalles ist schon ueber einen Monat her, auch in Peru war Ostern, es gibt jede Menge zu erzaehlen!

Nach nur einer Woche in unserer neuen Gastfamilie (der ich spaeter noch einen eigenen Blogeintrag widmen werde!) hatte ich Geburtstag und der wurde gleich richtig gefeiert! Morgens ging es zum Brotbackofen und wir haben 3 Torten gebacken, dann wurde das ganze Haus aufgerraeumt und wir sind nach Lucre zum Essen gehfahren. Die ganze Familie mit 2 Autos. Danach gings wieder nach Hause, wo schon die anderen Freiwilligen gewartet hattenzum Torte essen und ein bisschen Geburtstag feiern, mit singen, tanzen und Fussballspielen. Auch wenn ich bei den ganzen Glueckwsuenschen aus Deutschland viel an zu Hause gedacht habe, war es ein wunderschoener Tag und ich bin meiner neuen Familie wirklich dankbar, dass sie mich gleich so gut bei sich aufgenommen haben!

Einen Tag spaeter ging die Schule los. Die erste Schulwoche war alles noch, typisch peruanisch, ein bisschen chaotisch und unorganisiert, es gab noch keine Stundenplaene, dafuer aberjedemenge willkommensfeiern fuer die neuen Schueler, also klapperten wir jeden Tag aufs neue alle Schulen ab, bis endlich jeder seinen Stundenplan hatte. Auch jetzt nach einem Monat Schule fehlt noch der endgueltige Stundenplan desSecundaria in Oropesa,in der wir seit diesem Schuljahr neu unterrichten. Jede Klasse hat dort, nach einem Konzept des Bildungsministeriums 5 Stunden Englisch Unterricht die Woche. Wir arbeiten dort mit den (relativ guten) Englischlehrern zusammen, trotzdem gibt es jede Menge zu tun! Ueber meine neuen Klassen gibt es dann hoffentlich bald auch noch einen neuen Blogeintrag!

Letzte Woche war auch hier Ostern. Donnerstag und Freitag waren Feiertage, also Schulfrei. Am Freitag war DER Ostertag, schon lange im Vorraus wurde angekuendigt, dass an diesem Tag 12 Teller gegessen werden, fuer jeden Apostel einen. Schon in den Tagen vorher gab es Prozessionen durch das Dorf und viele haben vor ihr Haus mit Blumen und Erde Bilder gemalt. Am Freitag wurde dann tatsaechlich auch frueh morgens angefangen zu kochen, es wurden zwei Tische zusammengeschoben und die ganze Familie sammelte sich bei uns ein, um zu essen. Am Ende waren es dann zwar nur 5 oder 6 Gaenge, die gegessen wurden, aber es war trotzdem genug, um den Rest des Tages im Bett zu liegen und ein kleines Nickerchen zu machen :) Abends waren wir nur kurz draussen, um die Prozession anzuschauen, es hatte naemlich Nachmittags angefangen zu regnen. Ein "Jesus",oder bessergesagt seine Leiche wurde in einem Sarg durch das Dorf getragen, mit Musik, Lichtern und Blumenbildern.

Am Sonntag haben Jonas, Fred, Malu und ich dann einen kleinen Tagesausflug gemacht,wir waren raften im Fluss Urubamba. Nach 2 Stunden im kalten Fluss waren wir alle ziemlich fertig und durchgefroren, hatten aber trotzdem viel Spass! 

Das war erstmal in aller Kuerze, was gerade so los ist, ich werde mich bemuehen in Zukunft mal wieder ausfuerhlicher und regelmaesiger zu schreiben :)