Donnerstag, 18. Dezember 2014

Weihnachtsgeschenkeeinkauf

In Peru gibt es eine Einkaufszentrum-Kette: Plaza rea. Exklusiv für die, die ein bisschen mehr Geld haben und nach „westlichem Standard“ ausgiebig shoppen wollen. Ich gehe durch den Hintereingang rein und bin in einem Einrichtungsgeschäft, es riecht wie bei IKEA, es gibt die selben Dinge, wie bei IKEA und auch die Preise ähneln eher denen bei IKEA, als dem, was ich von Peru gewohnt bin. Weihnachtsmusik hallt durch die Lautsprecher, Familien und Freunde, die zusammen einkaufen gehen, letzte Weihnachtsgeschenke, ein neuer Schrank, oder neue Müslischälchen. Das Plaza ral sieht aus, wie ein ganz normales Einkaufszentrum in Deutschland. Kleinungsgeschäfte, edc und adidas, was es hier sonst nur gefälscht gibt. Essensstände, Starbucs, MC Donalds, Burger King, KFC.., Schmuckläden, einen riesigen Supermarkt. „Gut“ angezogene Menschen, keine Jogginghose, keine dreckigen Schule und keine Strickjacken mit Löchern, keine Tücher mit Gras oder Getreide auf dem Rücken. Ich fühle mich für einen Moment „zu Hause“, wie in Deutschland, plötzlich fangen Menschen an zu singen, andere tanzen, ein Flashmob, ich schaue zu, halte meine Kamera auf die Menschen, wie alle anderen um mich herum auch. Ich schaue mir die Menschen an, die scheinbar ganz unbekümmert ihr Geld ausgeben, ich denke an draußen, die Menschen die auf der Straße Tee verkaufen, oder Popcorn, für ca. 40 Cent. Ist ihnen bewusst, dass sie einen ungeheueren Luxus leben? Ist das nicht ein bisschen krank?
Irgendwann wird mir klar, dass ich dazu gehöre. Ich kann hier auch einkaufen, für mich ist das normal. Ich bin Teil davon, von den Menschen, die es sich leisten können einfach  mal einkaufen zugehen, weil sie gerade Lust darauf haben, die etwas schönes sehen und es in den Einkaufswagen legen, die sich unterwegs schnell was zum essen mitnehmen, weil die Schokoglasur so lecker aussieht.
Ist das nicht unfair?
Ich kann nichts kaufen, irgendwie ekel ich  mich davor.
Vor etwa einem Monat wurde meine Kreditkarte geklaut. Als diese Woche endlich die neue da war, war ich richtig lecker Essen. Für Peru teuer. Für Deutschland immer noch spottbillig. Normalerweise mache ich das hier nicht, aber an dem Tag habe ich mir gedacht, das mache ich jetzt  mal. Einfach, weil ich es wieder kann. Ja, genau. Ich kann es. Und warum kann ich es? Weil es Milliarden Menschen auf dieser Welt nicht können.
Ja, das ist unfair.
Ich gehe raus, auf die Straße, steige in den Bus ein. An der nächsten Haltestelle steigt eine Frau mit einem ganzen Sack voller Gras ein. Vielleicht für ihre Kühe. Oder Meerschweinchen. Vielleicht verkauft sie es auch morgen früh. Ich schalte meinen iPod an, die Welt um mich aus und hänge meinen Gedanken nach. Und die drehen sich nicht darum, ob ich heute genügend Geld verdient habe, oder was ich morgen essen kann. Es ist nicht so, dass sich die Mehrheit der Peruaner Gedanken um ihr überleben machen müsste, sie mache sich aber auch keine darum, ob sie den neuen Kühlschrank in gelb oder blau kaufen, ihn sofort oder in Raten bezahlen sollen. In Tipon steige ich aus, laufe den Weg zu dem Lehmraus, in dem ich wohne und in dem es an diesem Abend mal wieder kein Wasser gibt. Es passiert einfach nichts, wenn ich den Wasserhahn aufdrehe. Aber verwundern tut mich das nicht mehr, ich wäre eher erstaunt, wenn es anders gewesen wäre.
Noch nie ist  mir die Spaltung zwischen „arm“ und „reich“ so bewusst gewesen, wie dort. Bald ist Weihnachten. Wir wichteln mit den anderen Freiwilligen und ich bin froh, dass ich dieses Jahr wenigstens nur ein Geschenk kaufen muss.
Bei „uns“, in Deutschland hetzen sich gerade sicherlich viele durch Geschäfte und Fußgängerzonen, um für jeden das richtige Geschenk zu finden. Kaufen können dort zumindest die meisten, das, was sie wollen.

Für all diejenigen und ich schließe mich davon selbst auf keine Fall aus, ist es vielleicht eine Überlegung wert, dieses Jahr etwas zu verschenken, dass nicht „einfach zu kaufen“ ist. Und für den Beschenkten geht es dann darum, dieses Geschenk auch als das anzuerkennen, was es ist. Wahrer Luxus. Auch, wenn es nicht den materiellen Reichtum erhöht.

https://www.youtube.com/watch?v=Q7kxCzgsYrs

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