In Peru gibt es eine Einkaufszentrum-Kette:
Plaza rea. Exklusiv für die, die ein bisschen mehr Geld haben und nach
„westlichem Standard“ ausgiebig shoppen wollen. Ich gehe durch den Hintereingang
rein und bin in einem Einrichtungsgeschäft, es riecht wie bei IKEA, es gibt die
selben Dinge, wie bei IKEA und auch die Preise ähneln eher denen bei IKEA, als
dem, was ich von Peru gewohnt bin. Weihnachtsmusik hallt durch die
Lautsprecher, Familien und Freunde, die zusammen einkaufen gehen, letzte
Weihnachtsgeschenke, ein neuer Schrank, oder neue Müslischälchen. Das Plaza ral
sieht aus, wie ein ganz normales Einkaufszentrum in Deutschland.
Kleinungsgeschäfte, edc und adidas, was es hier sonst nur gefälscht gibt.
Essensstände, Starbucs, MC Donalds, Burger King, KFC.., Schmuckläden, einen
riesigen Supermarkt. „Gut“ angezogene Menschen, keine Jogginghose, keine
dreckigen Schule und keine Strickjacken mit Löchern, keine Tücher mit Gras oder
Getreide auf dem Rücken. Ich fühle mich für einen Moment „zu Hause“, wie in
Deutschland, plötzlich fangen Menschen an zu singen, andere tanzen, ein
Flashmob, ich schaue zu, halte meine Kamera auf die Menschen, wie alle anderen
um mich herum auch. Ich schaue mir die Menschen an, die scheinbar ganz
unbekümmert ihr Geld ausgeben, ich denke an draußen, die Menschen die auf der
Straße Tee verkaufen, oder Popcorn, für ca. 40 Cent. Ist ihnen bewusst, dass
sie einen ungeheueren Luxus leben? Ist das nicht ein bisschen krank?
Irgendwann wird mir klar, dass ich dazu gehöre.
Ich kann hier auch einkaufen, für mich ist das normal. Ich bin Teil davon, von
den Menschen, die es sich leisten können einfach mal einkaufen zugehen, weil sie gerade Lust
darauf haben, die etwas schönes sehen und es in den Einkaufswagen legen, die
sich unterwegs schnell was zum essen mitnehmen, weil die Schokoglasur so lecker
aussieht.
Ist das nicht unfair?
Ich kann nichts kaufen, irgendwie ekel ich mich davor.
Vor etwa einem Monat wurde meine Kreditkarte
geklaut. Als diese Woche endlich die neue da war, war ich richtig lecker Essen.
Für Peru teuer. Für Deutschland immer noch spottbillig. Normalerweise mache ich
das hier nicht, aber an dem Tag habe ich mir gedacht, das mache ich jetzt mal. Einfach, weil ich es wieder kann. Ja,
genau. Ich kann es. Und warum kann ich es? Weil es Milliarden Menschen auf
dieser Welt nicht können.
Ja, das ist unfair.
Ich gehe raus, auf die Straße, steige in den
Bus ein. An der nächsten Haltestelle steigt eine Frau mit einem ganzen Sack
voller Gras ein. Vielleicht für ihre Kühe. Oder Meerschweinchen. Vielleicht
verkauft sie es auch morgen früh. Ich schalte meinen iPod an, die Welt um mich
aus und hänge meinen Gedanken nach. Und die drehen sich nicht darum, ob ich
heute genügend Geld verdient habe, oder was ich morgen essen kann. Es ist nicht
so, dass sich die Mehrheit der Peruaner Gedanken um ihr überleben machen
müsste, sie mache sich aber auch keine darum, ob sie den neuen Kühlschrank in
gelb oder blau kaufen, ihn sofort oder in Raten bezahlen sollen. In Tipon
steige ich aus, laufe den Weg zu dem Lehmraus, in dem ich wohne und in dem es
an diesem Abend mal wieder kein Wasser gibt. Es passiert einfach nichts, wenn
ich den Wasserhahn aufdrehe. Aber verwundern tut mich das nicht mehr, ich wäre
eher erstaunt, wenn es anders gewesen wäre.
Noch nie ist
mir die Spaltung zwischen „arm“ und „reich“ so bewusst gewesen, wie
dort. Bald ist Weihnachten. Wir wichteln mit den anderen Freiwilligen und ich
bin froh, dass ich dieses Jahr wenigstens nur ein Geschenk kaufen muss.
Bei „uns“, in Deutschland hetzen sich gerade
sicherlich viele durch Geschäfte und Fußgängerzonen, um für jeden das richtige
Geschenk zu finden. Kaufen können dort zumindest die meisten, das, was sie
wollen.
Für all diejenigen und ich schließe mich davon
selbst auf keine Fall aus, ist es vielleicht eine Überlegung wert, dieses Jahr
etwas zu verschenken, dass nicht „einfach zu kaufen“ ist. Und für den
Beschenkten geht es dann darum, dieses Geschenk auch als das anzuerkennen, was
es ist. Wahrer Luxus. Auch, wenn es nicht den materiellen Reichtum erhöht.
https://www.youtube.com/watch?v=Q7kxCzgsYrs
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