Montag, 29. September 2014

Geburtstag, Popcorn, Antibiotika und Gattitoooooos!

Letztes Wochenende hatte Jay (Jan-Philipp) Geburtstag. Dafür sind er und Anna extra 6 Stunden mit dem Bus über Stock und Stein von Ccapi nach Cusco gefahren. Passend als Geschenk gabs dann die Ccapi-Survival-Box, mit allem, was man in Ccapi nicht so einfach findet, also Klopapier, ein Buch und natürlich Sublime, die wahrscheinlich beste Schokolade der Welt. Ccapi ist ein kleines Dorf, Luftlinie nur knapp 35km von Cusco entfernt. Der Weg dahin ist allerdings so kurvig und schlecht ausgebaut, dass die Fahrt ohne Zwischenfälle 6 Stunden dauert. Anna und Jay wohnen dort auch in einer Familie und unterrichten an den Schulen dort. Und auch wenn es auf den Bildern, die die beiden uns gezeigt haben wirklich traumhaft schön dort ist und auch die Lehrer und Schüler froh über den Besuch aus Deutschland sind, war es traurig, dass wir dann für die nächsten 2 Wochen nur noch zu sechst sind. Der Geburtstag wurde dann annlassgemäß in Cusco gefeiert und am nächsten Tag gabs das leckerste Frühstück seit unsrer Ankunft hier mit ECHTEN, KNACKIGEN Brötchen und frisch gepressten Säften.
Schon am Sonntag Abend gings mir nicht so gut und die ganze Nacht über hatte ich Schüttelfrost und ein bisschen Fieber. Nach einem Tag im Bett war ich dann am Dienstag wieder einigermaßen fit und in Lucre war an der Primaria der Dia de los alumnos, also der Tag der Schüler. Vormittags gabs ein Programm von den Lehrern für die Schüler mit Tänzen und Spielen und wir haben auch ein deutsches Lied mit Gitarre und Geige gesungen. Danach wurde noch in den Klassenzimmern weitergefeiert, jede Klasse hatte ihre eigenen Boxen mit Musik, jede menge Popcorn, Keksen, Torten, Chicha morrada, ein supersüßes, lilanes Getränk aus Mais und jede Menge anderen Süßkram, von dem wir natürlich überall probieren mussten. Dazu wurde getanzt und gelacht, bis wir endlich in allen Klassen waren, pappsatt und völlig überzuckert. Das war dann doch etwas zu viel für meinen Magen, am Mittwoch lag ich wieder den ganzen Tag im Bett, bis die Bauchkrämpfe so schlimm wurden, dass ich Nachmittags ins Krankenhaus nach Cusco gefahren bin. Die haben dann ziemlich schnell Salmonellen und Amöben festgestellt, die jetzt nach 3 Nächten im 5 Sterne Zimmer der clinica san jose, Antibiotika und Antiparasitenmedikamenten hoffentlich alle weg sind :) Auf jeden Fall geht’s mir wieder gut und nach einem entspannten Wochenende zu Hause bin ich morgen wieder Top-fit für den Unterricht. Ich hatte zwar ab Donnerstag Gesellschaft im Krankenhaus, da es Malu genau so ging wie mir und wir die letzten beiden Nächten beide an Schläuche angeschlossen im selben Zimmer lagen, trotzdem war ich riesig froh, als ich am Samstag Abend an der paradero Tipon aussteigen und mich über Baustelle und Steine wieder auf den Weg zu unserem Haus machen konnte, wo mir unser Hund schon freudig entgegenrannte. Ich war richtig glücklich, von dem Zimmer mit richtigem Fußboden, weichem Bett und fließendem Wasser weg zu sein. Dafür hatte ich wieder unsere gemütliche Küche, mit dem leckeren Essen von Marisa, das um weiten besser ist, als das Krankenhausessen, eine Matratze, durch die man den Lattenrost spürt, eine Tonne mit Wasser und Eimer vor der Toilette, dass man spülen kann und den unendlichen Sternenhimmel beim Zähneputzen direkt über mir. Ich war wieder zu Hause.

Was es sonst noch so zu erzählen gibt:
Wir treffen uns jetzt jeden Mittwoch alle zusammen in Lucre zu einer kleinen Besprechung. Neben den Englischstunden an den Schulen wollen wir hier nämlich noch verschieden Projekte starten, ähnlich wie in China, wo es im Rahmen des Baushausprojekts Kleidercontainer oder Hygieneprojekte gibt. Wir planen zum Beispiel eine Abendschule für Erwachsene, oder Kinder, die an ihrer Schule kein Englischunterricht bekommen können, eine Fußball AG in Lucre, Zahnbürsten für die Schule in Patabamba und verschiedene Projekttage an den Schulen, zum Beispiel zum Thema Müll, denn hier gibt es quasi keine Mülleimer, der Müll wird einfach in den Graben geworfen und dort liegen gelassen oder irgendwann angezündet.
Außerdem sind hier bald Wahlen, also am 5. Oktober. In ganz Peru werden neue Bürgermeister für die einzelnen Distrikte, Provinzen und Regionen gewählt. Und da jeder Peruaner, der nicht wählen geht eine Strafe bezahlen muss, ist das hier ein richtiges Großereignis. Jedes zweite Haus, jede zweite Wand in der Stadt und auch im entlegensten Teil des Dorfes ist mit den Symbolen der verschiedenen Parteien und den Namen der Kandidaten bemalt. Die Partei APU hat als Zeichen einen rot-weißen Fußball, der überall zu sehen und auch im Radio beworben ist (marca el pelotita de APU) und auch unser Gastbruder Bladi hat ganz stolz erzählt, dass seine Schule vom Bürgermeister DEN APU-Fußball geschenkt bekommen hat. Und einen Computer. APU ist hier eine ziemlich große Partei, von der man sehr viel sieht und hört, jeder zweite Satz im Radio scheint „APU un sentimiento que nos une“ zu sein. Dann gibt es zum Beispiel noch die Somos Peru Partei, deren Zeichen ein Herz,in dem Somos Peru, also das Somos Peru-Herz ist. Dann gibt es noch eine Alpacka-Partei (Ayllu) weswegen hier auch einige Häuser mit Bildern von Alpackas bemalt sind und Kausachun, deren Zeichen ein Mann mit Mütze ist und ewig viele andere. Dann gibt es überall große Plakate mit eher unvorteilhaften Bildern von Menschen, die alle alcalde, also Bürgermeister werden wollen. Ständig fahren Autos mit Fahnen und Megaphon an uns vorbei, die die gesamte Straße mit „por el cambio con APU“-Rufen beschallen oder eine der Wahlsongs abspielen. Wenn man nicht hinhört hören sich die Lieder wie „normale“ Radiomusik an, wenn man auf den Text hört geht es aber immer wieder um nuestro Cusco und irgendeine Partei, die hier alles zum besten wenden wird. In der Stadt und auch in den Dörfern gibt es dann auch immer wieder Wahlumzüge, in denen Menschen in T-shirts der Kandidaten, Fahnen, Trommeln und Lautsprechern Werbung für eine Partei machen. Ich habe in Cusco jetzt auch schon des öfteren Zimmer an der Straße gesehen, an dessen Wand eine große Fahne einer Partei hing und vorne dran einfach ein Tisch und ein paar Menschen standen. Vielleicht so eine Art Infopoint, aber so genau weiß ich das auch nicht. Es gibt also dank der Wahlen immer etwas zu sehen, wobei es schon ein wenig nervt, wenn man den ganzen Morgen nur mit Wahlwerbungsliedern und Reden der Kandidaten zugeschallt wird. ;)

Letzte Woche war ich mit unserer Gastmutter in der Pampa, bei unseren Bacas, also auf der Wiese mit unseren Ochsen. Die arbeiten entweder auf dem Feld oder sind eben in der Pampa und essen. Wir haben sie dann dort von den Stricken abgemacht, dass sie noch eine Weile zu dem guten Futter konnten und saßen zusammen mit Bebe unserem Hund, (eigentlich heißt der Domio, aber sie nennt ihn immer Bebe) auf der Wiese, zugedeckt mit einem Manta, das ist das bunte Tuch, dass jede peruanische Frau besitzt um Waren, Werkzeuge, Kinder oder auch alles andere auf dem Rücken zu transportieren, es hat nämlich geregnet. Dann saßen wir da, haben geredet, die Sonne ging langsam unter, wir haben Bebe von ein paar Zecken befreit und alles war irgendwie so friedlich und richtig. Später haben wir dann die trockenen Kuhfladen eingesammelt, die kann man nämlich super zum Kochen anbrennen und die Bacas durch das Dorf nach Hause getrieben. Und auch wenn alle anderen Menschen etwas komisch geschaut haben, dass ein Gringo hinter den Bacas herläuft, habe ich mich richtig gut dabei gefühlt, so ein bisschen peruanisch :)
Auch wenn das Leben in der Familie manchmal anstrengend ist, weil man morgens früh geweckt wird, zum Mittagessen zu Hause sein muss und immer sagen muss, wohin man geht und wann man wiederkommt, bin ich total froh in einer Familie zu wohnen. Im Gegensatz zu Freiwilligen, die in einer eigenen Wohnung leben, bekommen wir hier nämlich das „echte peruanische Leben“ hautnah mit. Niemand verstellt sich, sie leben einfach so, wie sie es normalerweise auch tun würden.
Wir essen das selbe Essen, duschen unter der selben kalten Dusche und liegen in den selben Betten. Unsere Gastmutter spricht auch noch Quechua, die alte Sprach der Inka, für uns ist das aber quasi unlernbar. Es hört sich an wie irgendwelche Wörter mit ganz vielen krks wahlos aneinandergereit. Wenn jemand fragt, ob wir Quechua sprechen, können wir aber immerhin mana (nein), oder ari (ja) sagen. Und nachdem ich es einen Monat oft abends gehört habe, kann ich mir auch endlich merken, was bis morgen heißt, nämlich pacarincarma. Zumindest wird es so oder so ähnlich ausgesprochen. :)

Eine Neuigkeit gibt’s noch! Unsere geliebte Gattito, die in letzter Zeit eher den Namen Gordito verdient hat (Gatto- Katze; Gordo-dick) hat vier kleine Gattitos zur Welt gebracht! Sie sind noch winzig klein, haben die Augen, liegen die ganze Zeit dicht aneinandergekuschelt in einer Ecke und geben ab und zu mal fiebsige Geräusche von sich. :)
Seit heute haben wir auch ein neues Gallina also ein Huhn bei uns rumlaufen, aber wahrscheinlich dauert es nicht sehr lange, dann wird die Hälfte an der Wand in der Küche hängen und die andere Hälfte im Suppentopf, es ist nämlich schon ziemlich groß und dick. Seit wir hier sind mussten schon ein Hahn, ein Huhn und ein kleines Schweinchen sterben, das eines morgens mit offener Kehle von unserer Gastmutter vor der Küche enthaart und später im Cuyofen für die ganze Familie, gebraten wurde.


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